erschienen am 01. Mai im Soester Anzeiger verfasst von Tobias Gebhardt
Lokalrunde mit Bernd Wesselbaum
Lokalrunde
Der Tag, er ist wie gemacht für einen ausgiebigen Spaziergang. Und der Himmel über der Hellwegstadt, er wirkt wie gemalt an diesem Nachmittag. Bernd Wesselbaum wartet auf dem Marktplatz auf mich. Wir sind für eine „Lokalrunde“ durch heimische Gefilde verabredet.
Wo steht Werl? Und wo steht die Volksbank, der aktuelle Siederpreisträger im noch wesentlich aktuelleren 150-jährigen Jubiläumsjahr? Antworten darauf folgen im wahrsten Sinne des Wortes auf Schritt und Tritt. Bevor es losgeht, studiert Bernd Wesselbaum aber noch kurz die gerade eingetroffenen Bilanzen auf seinem Smartphone. Und die Zahlen, sie scheinen ihm ähnlich gut zu gefallen wie jene auf dem Thermometer.
„Werler Stadtquellen“
Über 20 Grad im April. So darf dieser so undurchschaubare Monat gerne machen, „was er will“. Der vorsommerliche Frühlingstag sorgt auch auf dem Marktplatz für Leben. „Es dürfte hier aber noch viel mehr los sein“, meint Bernd Wesselbaum. Schnell kommen wir auf die geplanten „Werler Stadtquellen“ zu sprechen. Das Projekt, das in Zukunft in Höhe der Bärenapotheke sprudeln und an die salzige Vergangenheit Werls erinnern soll, es scheint inzwischen zu erfreulichen Teilen finanziert und somit auf einem guten Weg zu sein. Mit dazu beigetragen hat auch die Volksbank Hellweg.
Anlässlich der Siederpreisverleihung waren im vergangenen Juni 15 000 Euro in das Fontänen-Feld „geflossen“. Bernd Wesselbaum zieht Vergleiche zu einer ähnlichen Brunneninstallation in seinem Wohnort Bad Sassendorf. „Da ist jetzt gerade bestimmt mächtig etwa los“, sagt Bernd Wesselbaum. Der Marktplatz sei in Werl „das Zentrum“ und dürfte daher ruhig besser frequentiert werden. In einem sind wir beide uns einig. Einen Parkplatz wünschen wir uns an dieser Stelle nicht zurück. Zur Erinnerung: Bis 1996 diente das „Herz der Stadt“ diesem Zweck.
Aufbruchstimmung

Der Charme der historischen Bausubstanz, er prägt das Gesicht Werls. Natürlich gibt es Ausnahmen. Vor einer solchen stehen wir nach wenigen Metern. „Ich kann mich noch an die Bauzäune hier erinnern“, sagt Bernd Wesselbaum mit Blick auf Woolworth. Heute trauern viele Werler den kleinen mit Stuck verzierten Häusern an dieser Stelle hinterher.
Damals, vor knapp vierzig Jahren aber herrschte wohl noch „Aufbruchstimmung“ vor Ort. Immerhin bekam man ein „richtiges“ Kaufhaus. Ein bisschen schaudert uns bei dem Gedanken, dass der Flachdach-Betonbau eines Tages vielleicht sogar als Musterbeispiel der 1970er-Architekur zum Denkmal werden könnte. Direkt neben den Wallfahrtskirchen wirkt das Gebäude heute allerdings eher wie ein Fremdkörper. Und schon sind wir beim nächsten Thema. Das Alleinstellungsmerkmal Werls, es ist nach wie vor die Marienwallfahrt.
„Ich bin überzeugt, dass Dr. Gerhard Best der Richtige ist“, sagt Bernd Wesselbaum. Bekanntlich wird dieser der neue Wallfahrtsleiter, da die Franziskaner Werl im September verlassen werden. Mit Gerhard Best verbindet Bernd Wesselbaum eine lange gute Bekanntschaft. Uns beiden fällt auf, dass die Tür zur Alten Wallfahrtskirche offen steht. Ein schönes Symbol. Immerhin möchte das neue „Pilger-Team“ buchstäblich auch neue Wege gehen und sich für weitere Gruppen „öffnen“.
Wir werfen einen kurzen Blick in das ansonsten leider weitestgehend verschlossene barocke Gotteshaus, schlendern anschließend über den idyllischen Kreuzwegplatz und genießen hier die Ruhe im Grünen. Vor dem neuen Pilgerbüro lesen wir die Hinweise in verschiedenen Sprachen. Wer weiß, wie international es hier bald schon zugeht? Bernd Wesselbaum könnte sich eine Pilgerfahrt, wie sie Gerhard Best gerade mit einigen Werlern im Heiligen Land absolviert hat, auch selbst einmal gut vorstellen.
Fachwerkgiebel in der Steinerstraße
Der Blick über den Stadtgeschichtsbrunnen und den Fachwerkgiebel der Gaststätte Diers in die Steinerstraße hinein, er wirkt einladend. Uns beide animiert er daher auch dazu, diesen Bereich der Altstadt anzusteuern. Das anfangs noch ansprechende Bild aber, es präsentiert sich zum Ende der Fußgängerzone hin weniger reizvoll. Die Leerstände nehmen hier wieder zu. „Und hier ist auch schon nichts mehr los“, merkt Bernd Wesselbaum an. Gerade eben schlenderten noch die Passanten auf und ab. Aber davon ist auf den letzten Metern der Einkaufsstraße nichts mehr zu spüren.
Aus heutiger Sicht sind die beiden Fußgängerzonen wohl einfach zu lang. Zu den „Klassikern“ der Häuser, denen man in Werl heute noch nachtrauert, zählt ohne Frage auch der „Anker“. Jenes markante Lokal mit dem Ecktürmchen, es musste Wohn- und Geschäftsraum weichen. Ob ich mich daran noch erinnern könne, möchte Bernd Wesselbaum wissen. Nein, nicht persönlich. Denn das Haus wurde in dem Jahr abgerissen, in dem ich geboren wurde. Aber dank der Bildbände von Helmuth Euler wirkt es auf mich dennoch seltsam vertraut.
Auf dem „Steinertorplatz“ kommen wir auf ein kaum minder „kultiges“ Gebäude zu sprechen: Wulf-Hefe. Ob er sich auch schon einmal Gedanken gemacht hat, was daraus hätte werden können, möchte ich gerne wissen. Aber hier verneint mein Begleiter. Dafür habe er den Komplex zu wenig gekannt. „An die Sprengung kann ich mich allerdings noch erinnern“, sagt er.
Durch den Kurpark zur Schule
Auf der anderen Straßenseite fällt unser Blick auf ein positiveres Beispiel einer Nachfolgenutzung. Die sei mit dem Restaurant in der ehemaligen evangelischen Kirche gelungen. Ein paar Meter weiter südliche ist Bernd Wesselbaum in der Steinerstraße aufgewachsen, bevor die Familie zum nahen Hellweg umzog. Wir selbst entscheiden uns an dieser Stelle aber dazu, in Richtung Kurpark zu spazieren. In Gedanken geht Bernd Wesselbaum aber noch einmal ein paar Meter seinen einstigen Schulweg ab. Zunächst war es die Walburgisschule, bevor es auf die „neue“ Städtische Realschule ging. Ganz am Anfang übrigens noch im Gebäude der heutigen Volkshochschule. Es sei schon schade, dass es diese Schule heute nicht mehr gebe. Ganz ähnlich empfinde ich es mit Blick auf die Overbergschule, die ich besucht habe.
Schulformen sind – um es im politischen Fachjargon zu formulieren „ausgelaufen“. Nach der Schule wurde die Freizeit häufig auf dem Bolzplatz verbracht. Hinter der heutigen Moschee. Oder einfach auf der Straße. „Das ging damals noch“, schmunzelt Wesselbaum. Gerne erinnert er sich an seine Zeit bei Preußen Werl. Und heute? Da schlägt das Herz für die Dortmunder Borussia. Wenn es die Zeit zulässt, geht es ins Stadion.
Ein grüner Schatz in Werl

Wir lassen die Walburgisstraße – und leider auch eine Vielzahl an Leerständen – hinter uns und erreichen den Kurpark. Vom „Wiener Hof“ dauert es nur wenige Schritte und man vergisst fast den Alltag und den Straßenverkehr. Was Werl da mitten in der Stadt besitzt, ist wahrlich ein „grüner Schatz“, sind wir uns einig.
Die Soester schwärmen selbstbewusst und zu Recht von ihrem „Naherholungsgebiet“: Wall und Gräfte. Apropos: Wie sehen die Soester den Werler Kurpark? „Wahrscheinlich würden sie fragen: was, Werl hat einen Kurpark?“ Tatsächlich verdient der Bereich des ehemaligen Solbades mehr Aufmerksamkeit. Pläne gibt es hier bereits, wird etwa über einen besser wahrzunehmenden „Haupteingang“ nachgedacht.
Im Schatten des Gradierwerkes sitzen „Kurgäste“ und genießen die Idylle. Viele lobende Worte findet Bernd Wesselbaum für die Restaurierung dieses Wahrzeichens. „Da ist man bei uns offene Türen eingelaufen“, sagt er. Dieses Vorhaben finanziell zu unterstützen sei für die Volksbank Hellweg daher schnell klar gewesen.
Einkaufsstadt oder Wohnstadt oder eben „DIE Wallfahrtsstadt“

Wir bewegen uns zurück in Richtung Markplatz. „Als BWLer stelle ich mir die Frage, was Werl denn sein will in Zukunft“, sagt Bernd Wesselbaum. Eher „eine Einkaufsstadt“ oder „eine Wohnstadt“ oder eben „DIE Wallfahrtsstadt“. Da müsse man sich bei weiteren Schritten – Fördertöpfe und Programme – einig sein.
Da, wo unsere „Lokalrunde“ begonnen hat, endet sie und schließt sich wieder. Mit Blick auf das heutige Volksbankgebäude findet Wesselbaum anerkennende Worte für seine Vorgänger: „Die haben da echt einen guten Job gemacht“. Mit dem Mansardendach und dem Arkaden kommt das Haus heute dem einst abgerissenen Geburtshaus des Malers Heinrich von Rustige wieder nahe und greift prägende Stilmittel auf. Geschichte, sie ist mit Blick auf das 150-jährige Jubiläum der Bank vor Ort wichtig. Aber in erster Linie ist es die Zukunft, die antreibt.
„Wir möchten in Kürze den medialen Bereich ausbauen“, so Wesselbaum. Konkret werde man verstärkt auch auf „Live-Chats“ und „Video-Dialog-Beratung“ setzen. Ja, die Zeiten des klassischen Sparschweins, sie sind nicht überholt, haben sich aber dennoch verändert. Wie war das denn beim kleinen Bernd Wesselbaum? Wofür hat er seine ersten Taler gespart? „Das war mein erstes Mofa“, schmunzelt er. Dafür habe er beim Vater in der Firma Strüwer als Ferienjob in der Produktion und beim LKW beladen ausgeholfen.
bei Bruno ...
Im Ristorante „Rimini“ lassen wir die „Lokalrunde“ ausklingen. Bruno Quadrelli empfiehlt den frischen Spargel. Für den hätte sich Bernd Wesselbaum als „Fan“ entschieden. Ohnehin kann er es nicht verstehen, dass ich dem Gemüse nicht viel abgewinnen kann.
Seit 1981 kehre er persönlich immer wieder gerne „bei Bruno“ ein, stellt er im kurzen Smalltalk mit dem Gastronom fest. Seit 38 Jahren ist der nämlich schon in der Steinerstraße vertreten. Und so darf der kredenzte Spargel als Symbol stehen für unseren Spaziergang. Immer wieder muss etwas „nachwachsen“.
Und immer benötigt es Neuerungen und Prozesse. Ob nun in der Stadtentwicklung. Oder im Bankgewerbe.
Bernd Wesselbaum
Bernd Wesselbaum hat sich schon früh für eine Lehre zum Bankkaufmann entschieden. Im Jahr 1978 startete er diese in der Volksbank Werl. Seit der Fusionierung 2000 zur Volksbank Hellweg eG ist er im Vorstand und seit neun Jahren Vorstandsvorsitzender.
